Im Bild: Gedächtniskirche Speyer

Beschallungstechnik in

Kirchenräumen

Eine grundsätzliche Betrachtung der Kirchenbeschallung, ihrer Aufgabe, ihrer Geschichte und ihrer aktuellen Entwicklung - incl. unabhängiger Beratung.



Ein großer Teil der Kirchen ist mit einer sogenannten „Sprechanlage" ausgestattet. Die Kombination aus hallreichen Kirchenräumen und dem traditionellen Gottesdienstprogramm hat diese typischen Mikrofonanlagen geradezu definiert. Die Rahmenbedingungen für die Konzeption dieser ELA-Anlagen waren: Ein von Wortbeiträgen bestimmtes Gottesdienstprogramm und Musikbeiträge von Orgel und Chören. In der Regel war die Musik geprägt von rhythmisch ruhigen Klängen mit Schwerpunkt auf Melodie und Harmonik, die in einer reflexionsreichen Akustik sogar interessanter klingen und keine Schallübertragung benötigen.


In sehr großen Kirchenräumen mit extrem reflexionsreicher Akustik und Hallzeiten von ca. sieben Sekunden tauchte die Notwendigkeit einer Unterstützung der Redebeiträge als erstes auf. In dieser Konstellation erhält die Mikrofonanlage die einzige Aufgabe, die Wortbeiträge verständlich an alle Besucher zu übermitteln. Hinzu kommt noch, dass diese Sprechanlage möglichst unauffällig sein sollte.


Die Antwort auf diese Aufgabe waren die bekannten Tonanlagen mit vielen schmalen und dezentral im Kirchenraum verteilten Lautsprechern. Dabei arbeitet man mit geringen Lautstärken aus vielen kleinen Lautsprecherzeilen, die keine zeitliche Verzögerungslinie beinhalten, sondern gleichzeitig von verschiedenen Orten den Schall abgeben. Diese Systeme sind also zur Sprachübertragung in sehr großen und akustisch schwierigen Kirchen entwickelt worden.

Dabei wurden die folgenden Probleme in Kauf genommen:



Akustische Probleme der dezentralen Kirchenbeschallung


Die Schallübertragung mit dezentralen Lautsprechern ist nur mit sehr geringen Lautstärken ohne größere Probleme möglich. Schon ab mittleren Lautstärken, die z.B. mit Orgel oder anderen Instrumenten Schritt halten sollen, wird die verteilte Anordnung als Problem erkennbar. Es werden Zeitverzögerungen deutlich, die durch unterschiedliche Laufzeiten des Schalls entstehen und damit zu zusätzlichen Echoeffekten im Raum führen.

Der Schall benötigt für die Strecke von 34 Metern doch immerhin ca. 100 Millisekunden. Das menschliche Ohr ist gegenüber Laufzeitunterschieden sehr empfindlich. Wenn im Kirchenraum ca. 10 Lautsprecher an verschiedenen Plätzen gleichzeitig den Schall abgeben, kommt er beim Zuhörer nur dann auch gleichzeitig an, wenn dieser sich von allen Lautsprechern gleichweit entfernt befindet. Und da die Lautsprecher in der Regel nicht im Kreis aufgestellt sind, ist dies nicht einmal einem einzigen Hörer möglich. Normalerweise hat man einen Lautsprecher in seiner Nähe und hört von diesem zuerst den Direktschall, von allen weiteren Lautsprechern hört man verzögert leisere Signale. Das bedeutet, die Beschallungsanlage macht eigentlich die ohnehin komplexe Akustik mit zusätzlichen Verzögerungen und Echoeffekten noch schwieriger.

Eine Verzögerungslinie, die die unterschiedlichen Laufzeiten aus möglichst wenigen Lautsprechern ausgleicht, ist die akustisch bessere Lösung. D.h. der Schall aus weiter hinten aufgestellten Lautsprechern wird verzögert und erklingt der Entfernung entsprechend später.



Klangliche Eigenschaften der schmalen Kirchenlautsprecher


Im Frequenzspektrum werden bei den kleinen Lautsprechern die tiefen Frequenzen unterhalb von ca. 500 Hz zunehmend abgeschwächt bis kaum hörbar übertragen. Es fehlen quasi die unteren 3-4 Oktaven. Damit weicht man dem Problem der tiefen Resonanzfrequenzen eines Raumes grundsätzlich aus, nimmt aber in Kauf, dass alles dünn und hell klingt. Manchmal erhalten Stimmen fast einen telefonartigen Charakter. Musikübertragung ist mit einem solchen Frequenzgang nicht möglich, es fehlen auch die ganz hohen Frequenzen. Darüber hinaus sind die Lautsprecher mit der konzipierten geringen Lautstärke nicht in der Lage, dargebotene Musik in einer natürlichen Lautstärke und Klangfarbe zu übertragen, die dem jeweiligen Instrument entspricht.



Die grundsätzliche Aufgabe einer Kirchenbeschallung,

die zu der Konzeption der klassischen Kirchensprechanlagen geführt hat, hat sich inzwischen schon grundlegend verändert und ist weiter dabei, sich zu verändern:


a. Das Gottesdienstprogramm wird vielfältiger. Häufig wird rhythmische Musik eingesetzt, Musik mit breitem Frequenzspektrum und tiefen Frequenzen. Und Musikstile, die eine beschallungstechnische Übertragung fast aller Instrumente erfordern. Dabei geht es nicht um hohe Lautstärken, sondern um eine harmonische Abstimmung unterschiedlicher Instrumente.


b. Die Kirchenräume sind meistens kleiner und akustisch nicht annähernd so problematisch, wie ein Dom. Unter diesen Bedingungen entdecken die Gemeinden mit kleineren Kirchen die Qualitäten von Beschallungsanlagen, die gelegentlich von Musikgruppen mitgebracht werden. Plötzlich klingt auch die Stimme des Pfarrers beim Gebet über diese Anlage warm, voll, rund und vermittelt eine größere Nähe. Die Akustik der Kirche ist oft in der Lage, eine Zentralbeschallung von vorne problemlos zu ermöglichen.


Zwischenfazit: Nicht die Beschallungsanlage, die für den großen Dom die Richtige ist, ist automatisch auch für die kleineren Kirchen das Beste, denn die akustischen Bedingungen und die Anforderungen sind hier ganz andere.



Neue Antworten für die veränderte Aufgabenstellung


Universell einsetzbare Beschallungsanlagen bieten inzwischen Systeme mit relativ kleinen, unauffälligen und dennoch sehr leistungsstarken Lautsprechern an.


Klangliche Vorteile gegenüber den bisherigen Audioanlagen sind:

· beste Verständlichkeit für Sprachübertragung

· ein erweitertes Frequenzspektrum im Bass- und Höhenbereich

· damit verbunden ein natürlicheres Klangverhalten

· die Möglichkeit, auch mittlere und hohe Schallpegel zu erreichen 

  (Sologesang oder Flöte zu Orchester oder Posaunenchor werden möglich, 

   auch Psalm-Lesung zu Orgelmusik)

· Musikübertragungsfähigkeit für alle Stilrichtungen

· multimediale Möglichkeiten wie Online-Übertragungen


Im Praxistest wird deutlich, dass für die Akustik der Mehrzahl der Kirchen eine zentrale Beschallung von vorne die qualitativ bessere, vielseitigere und ökonomischere Lösung ist. Dezentrale Kirchenbeschallungsanlagen werden nur für große und akustisch problematische Kirchen benötigt und sollten dann mit einer Verzögerungslinie ausgestattet sein. Zudem sollten die Lautsprecher das hörbare Frequenzband gleichmäßig übertragen, um eine möglichst natürliche Klangwiedergabe zu gewährleisten.



Neue Lautsprecher für Kirchen


Neue Schallzeilen bzw. „Line-Arrays" liegen derzeit sehr im Trend. Hier werden die Eigenschaften der Schallbündelung zu einem vertikal schmalen und horizontal breiten Schallkegel genutzt. Dies ist vor allem in akustisch schwierigen Kirchenräumen mit langen Hallzeiten von Vorteil. Bei aktiven Line-Arrays mit je einer Endstufe pro enthaltenem Lautsprecher ist eine vertikale Richtungsänderung programmierbar. Jedoch bleibt auch bei dieser allerneuesten Technik das physikalische Problem der Phasenauslöschungen und damit der klanglichen Verfärbung des Signals zu einem typischen Lautsprecherklang erhalten. (Wird die gleiche Schallwelle von zehn verschiedenen Punkten innerhalb einer Schallzeile ausgesendet, begegnen sich unweigerlich Berg und Tal der gleichen Schallwelle an bestimmten Punkten und löschen sich aus.) Ebenso verbleiben die Problembereiche der tiefen und der hohen Frequenzen, die von den kleinen Breitbandlautsprechern nicht gut übertragen werden können.


Lautsprecher nach dem zwei-Wege-Prinzip sind in den klanglichen Eigenschaften den Schallzeilen überlegen und bieten ein weitaus natürlicheres Klangbild mit großem Frequenzspektrum an. Die Richtwirkung wird hier durch genau abgestimmte Mitten-Hochton-Hörner erzielt, die dann passend zur Raumakustik ausgewählt werden. Die Tieftöner sorgen für einen im Bassbereich runden und fundierten Klang, während die hohen Frequenzen von den Hochtönern leicht und transparent dargestellt werden. Es kommt zu einer sehr gleichmäßigen Schallverteilung im Raum, die besonders dann gut gelingt, wenn die Raumakustik nicht zu komplex ist.

Weitere Informationen zu Kirchenlautsprechern finden Sie unter > Komponenten



Mikrofone für Kirchen


Mikrofone sind kleine technische Kunstwerke und die Wahl des richtigen Mikrofons ist sogar unter Studiotechnikern oft ein Geheimtipp. Bei Kirchenmikrofonen und gerade bei Altarmikrofonen soll oft die Quadratur des Kreises erreicht werden: Bestmögliche Übertragungsqualität, hohe Empfindlichkeit und Reichweite, aber möglichst auch Ausblendung von Reflexionsschall und natürlich die wichtige Vermeidung von Rückkopplungen. Altar- oder Kanzelmikrofone sollen zudem optisch sehr unauffällig sein.

In vielen Kirchen werden daher teuerste Studiomikrofone als die vermeintlich beste Lösung eingesetzt. Diese Mikrofontypen sind allerdings für den Einsatz in akustisch optimal kontrollierten Studioräumen konzipiert. Für hochreflektive Kirchenräume und die Ausblendung der Raumreflexionen sind sie nicht die beste Wahl.

Letztlich entscheidet die Funktionalität des Mikrofons im jeweiligen Kirchenraum bzw. der individuellen Raumakustik. Und hier gilt es, den goldenen Kompromiss zu finden und das passende Mikrofon auszuwählen.

Weitere Informationen zu Kirchenmikrofonen finden Sie unter > Komponenten



Optische Integration


Bleibt noch die vieldiskutierte Frage nach der optischen Integration der Lautsprecher in den Kirchenraum: Auch hier gibt es neue Lösungen:

· Leistungsfähige und gutklingende Lautsprecher werden immer kompakter.

· Bei einer zentralen Beschallung von vorn müssen nicht viele Lautsprecher   

  versteckt oder günstig positioniert werden, sondern in der Regel nur zwei   

  oder vier. Je nach Gegebenheit lassen sich diese relativ unauffällig auf die 

  Raumarchitektur abstimmen.

· Zusammen mit einer farblichen Abstimmung auf den Untergrund kann eine   

  harmonische Integration in den Raum erreicht werden.





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von Gunter Hauser


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